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12.06.2000
20:30 - 21:45 Uhr

TheaterPortät.
Staatstheater Cottbus
Der Staub von Brandenburg
Schauspiel von Volker Braun
Musik von Rainer Böhm
Zonenrandermutigung in der Inszenierung der Uraufführung
Regie: Christoph Schroth
Bühne: Jochen Finke
Kostüme: Gundula Martin
Dramaturgie: Gisela Kahl
Puppenspiel: Peter Waschinsky
Theatrum mundi: Steffan Blankenburg

mit Oliver Bäßler, Siegrun Fischer, Wolf-Dieter Lingk, Birgit Scheefe

Das im Jugendstil errichtete Theater wurde 1908 mit Lessings "Minna von Barnhelm" eröffnet. Zweimal in seiner über 90-jährigen Geschichte retteten Cottbusser Bürger ihr Theater vor Zerstörung und Zerfall. 1945 widersetzten sich Soldaten des Volkssturm dem Befehl der NS-Kreisleitung, das Theater - seit 1944 Munitionslager - vor dem Einmarsch der sowjetischen Armee zu sprengen. In den achtziger Jahren waren es wiederum Cottbuser Bürger und Firmen, die in einer aufwändigen Rekonstruktion im Laufe der Zeit entstandene Schäden beseitigten und den Originalzustand des Hauses wiederherstellten. 1992 wurde das Stadttheater zum Staatstheater und im selben Jahr übernahm Christoph Schroth, einer der renommiertesten Regisseure des DDR-Theaters, als Intendant und Schauspieldirektor die künstlerische Leitung des Mehrspartenhauses.

Für das TheaterPorträt im Deutschen Pavillon bauten StudentInnen der Brandenburgischen Technischen Universität eine multimediale Rauminstallation. In der Regie von Esther Undisz fügten sich szenische Fragmente des Repertoires zu einem Gesamteindruck des Staatstheaters Cottbus. Unter dem Titel "Bewegendes Theater - Theater in Bewegung" entfaltete sich ein moderner, gegenwartsbezogener und zeitkritischer Spielplan, der durch die Suche nach neuen Formen und Inhalten bestimmt wird. Volker Brauns 1999 unter der Regie von Christoph Schroth uraufgeführtes Stück "Der Staub von Brandenburg" setzte sich mit Deutschlands jüngster Geschichte auseinander. Knapp zehn Jahre nach der Vereinigung hatten sich die Sorgen und Hoffnungen der in den neuen Bundesländern lebenden Menschen verändert. Zwischen Rückbesinnung und optimistischem Blick in die Zukunft definierten sie ihre damalige Situation.

Prolog: Der Fortschrott
Drei Engel betreten märkischen Boden, dort, wo das Werk stand, Lauchhammer, eine Wiege der Industrie einst, ein Grab jetzt, abgebaggert. Vorsichtig setzen sie die Füße, Goethe, Kleist, Fontane im Kopf, tauchen ein in die Landschaft und verwandeln sich von Station zu Station ihrer Wanderungen durch die Mark.

Oderbruch
1 Ein Grenzsoldat verweigert den Schießbefehl und erlebt die Beförderung in ein anderes Leben.
2 Drei deutsche Angler an der Oder. Sie ziehen Wasserleichen aus dem Schlick. Asylanten. Wohin mit ihnen? Auf den Dorffriedhof? Das kostet. Zurück in den Fluß? Doch wenn sie sich rächen? Und wiederkommen? Mit der Verwandtschaft? Sicherer ist es, sie totzuschlagen und dem Fluß wiederzugeben. Doch die Toten sitzen im Genick.
Der Staub von Brandenburg
Da hat einer noch Arbeit. Verschanzt hinter dem Bauzaun hält er sie fest, vor dem Neid derer, die draußen sind und in deren Augen er zum Ausländer wird, dem man die blonde Freundin mißgönnt, und die er besser losläßt, bevor er aufwacht aus seinem Traum, die Arbeit fest in der Hand.
Indianerspiel. Berlin
Ein Gedicht wird zum Vortrag gebracht, über Autonome und Skins auf dem Kriegspfad und darüber, wie ein Turban einen Skin zum Inder macht, der von seinesgleichen zusammengeschlagen wird.
Kohlhasenbrück
Theatrum mundi und ein Conférencier erzählen die unglaubliche Geschichte eines am Ende des 20. Jahrhunderts an den Ufern der Havel lebenden Landschlossers namens Klaus Wildführ, dem seine Harmlosigkeit übel ausschlug. Eine Unterlassung des Grenzpostens bei Wildführs Reise mit dem geliebten Landrover zum Polenmarkt, der Diebstahl seines Landrovers auf deutschem Boden und der Kampf um die Rückgewinnung des gestohlenen Eigentums lassen ihn den dornenreichen Weg durch das juristische Gestrüpp des deutschen Beamten- und Rechtsstaates antreten. Dabei setzt er alles aufs Spiel: Frau, Wohnung, Arbeit, sich selbst.
Mark und Bein
Henriette Knobbe, arbeetslos, drei Kinder, der Mann evaliert von Dienst, jenießt de Freiheit, det Bier und de Liebe ihret Mannes am Mittag. In Kopp voll vont Bier fällt se vom Fahrrad, auf dem Weg ins Krankenhaus, wo ihre Jüngsten sind uffbewahrt. Det Been jeht nich mehr, vasichert is se nich - die Rettung aus dieser Lage ist eine Lüge, die Henriette Knobbe zur Heldin von Potsdam macht: Frau steht altem Mann in der Tram gegen Skins bei! Doch die Wahrheit kommt ans Licht, aus der Heldin wird die Lügnerin von Deutschland, überaus quotenverdächtig für einen Auftritt in Schreinemakers »Die große Dummheit«.
Lear in der Lausitz
Der Erbauer von Lauchhammer baut nach dem Grundriß exakt die letzte Wand ab: eine Niederkunft, die Steine gebiert. Aus dem Fortschritt ist Fortschrott geworden, für die Sabotage, den Ganztagsjob, zahlt wieder der Westen. Auf den Ruinen steht die Enkelin, schwanger, und fragt, ob sie das Kind bekommen soll.
Hohenschönhausen
Nachdem sie davon hören, dass ein Arbeitsloser am hellichten Tage auf einen Passanten eingestochen hat, um sich einen Platz im Gefängnis zu sichern, treten die Engel die Flucht aus der Landschaft an, in der sie so unterschiedliche Verwandlungen erfahren haben.

 
 
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