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16.09.2000
20:30 - 22:30 Uhr

TheaterPorträt.
Theater der Landeshauptstadt Magdeburg
Der Maschinist
Oper von Hans Schanderl
Text nach dem gleichnamigen Schauspiel von Lutz Hübner
Uraufführung
Musikalische Leitung: Christian Ehwald
Regie: Max K. Hoffmann
Bühnenbild: Tom Presting
Kostüme: Stefan Stanisic
Choreograpfie: Uwe Lindberg
Choreinstudierung: Helmut Hagedorn
Dramaturgie: Dietmar Goergen, Udo Salzbrenner

mit Ingo Anders, Jörg Benecke, Roland Fenes, Christian Kleinert, Jeffrey Laun, Uwe Lindberg, Thomas Matz, Alfredo Mena, Michael Mohr, Judith Brook Morejón, Dominique Ross-Blaszyk, Mihail Sandu, Veronika Schreckenbach, Paul Sketris, Juliane Starck, Stefanie Täschner
sowie dem Opernchor und der Statisterie des Theaters der Landeshauptstadt Magdeburg und der Magdeburgischen Philharmonie

1907 wurde das Theater Magdeburg als "Zentraltheater" eröffnet und war zunächst Spielstätte für sogenannte Spezialitäten-Programme: Varieté und Revue in 14-tägigem Wechsel. Nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg und dreijähriger Bauzeit fand am 20. Dezember 1950 mit »Der große Verrat« von Ernst Fischer und am zweiten Abend mit »Fidelio« von Ludwig van Beethoven die Wiedereröffnung statt. Als der Generalintendant Max K. Hoffmann das Theater 1991/92 übernahm, war das Gebäude am Universitätsplatz ein Jahr zuvor niedergebrannt. Das Ensemble der Dreispartenbühne zog von einer provisorischen Spielstätte zur anderen quer durch die Stadt. Dennoch verfolgte Hoffmann ein ambitioniertes Programm, das sowohl vom Publikum geäußerte Wünsche bedienen als auch mit Neuem bekannt machen sollte - und soll. 1997 wurde das Theater wiedereröffnet. Max K. Hoffmann gibt dem Experimentellen im Spielplan der Oper viel Raum. Und auch im Schauspiel steht das Neue selbstverständlich neben Traditionellem. Dass das Schauspiel weiterhin optimistisch in die Zukunft blicken kann, wurde 2000 entschieden. Eine unselige Theaterstrukturdebatte belastete die Kunst fast vier Jahre lang. Doch mit gewachsener Akzeptanz und mit guten Argumenten konnte sich das Mehrspartentheater schließlich im Stadtrat behaupten. Die daraufhin erfolgte Vertragsverlängerung für den Generalintendanten Max K. Hoffmann bestätigte auch das künstlerische Programm des Theaters der Landeshauptstadt für die nächsten Jahre.

Mit der Oper "Der Maschinist" von Hans Schanderl nach dem gleichnamigen Theaterstück von Lutz Hübner wurde die konkrete Auseinandersetzung mit dem Expo-Motto "Mensch Natur Technik" gesucht. Der Autor hat die Geschichte der Technik und beginnenden Industrialisierung zum Spiegel der Gegenwart gemacht.

Die Geschichte um Johann Nepomuk Mälzel vereinigt zwei sich widerstrebende und zugleich faszinierende Polaritäten - Natur und Technik. Ihre musikalische Umsetzung ergab eine äußerst selten anzutreffende glückliche Konstellation.

Mälzel war einer der berühmtesten Mechaniker seiner Zeit. Zu seinen Erfindungen zählt neben mechanischen Orchestern, sprechenden Puppen und künstlichen Menschen auch das Metronom. Seine perfekt organisierten Vorführungen galten als Sensation. Auf dem Gipfel seines Ruhms ging er nach London, ins Zentrum der Industrialisierung. Doch die neue Zeit überrollte ihn, es gab dort keinen Bedarf an kunstvollen Maschinen. Die Ingenieure, die von ihm gelernt hatten, bauten vielmehr nach Maßgabe der Effektivität.

Die Erkenntnis, dass die industrielle Verwendung von Maschinen zur Vernichtung von Arbeitsplätzen führen kann, stürzte Mälzel in eine Lebenskrise und schließlich in den Tod.

Mälzel lebte an der Schnittstelle zwischen Rokoko und Industrialisierung, der Zeit, in der der Traum von der Maschine als Vorbote einer besseren, idealen Welt verdrängt wurde von einer ökonomisch orientierten Mechanisierung. Sein Leben für die Maschine offenbarte die Chancen, aber auch die Gefahren der Technik.

Hübners Sprache ist derart klanglich komponiert, dass der Text geradezu nach seiner musiktheatralischen Umsetzung giert. Immer wieder verdichtete Schanderl rhythmisch geführte Passagen zu eindrucksvollen Höhepunkten und setzte sie in Kontrast zu vielstimmig changierenden Klangteppichen. Dabei war Schanderls Musik besonders vom minimalistischen Prinzip sich permanent verändernder, dennoch mechanischer Wiederholungen geprägt. Hierin wurde die durch die Industrialisierung veränderte Wahrnehmung von Realität sinnlich erfahrbar. Das Bild einer Aufbruchszeit, die noch nicht wusste, wohin die rasante Entwicklung der Welt sie treiben würde, gespiegelt in der Biografie eines Manns, der Täter und Opfer dieses "Fortschritts" war, bot einen hochaktuellen Opernstoff.

Die Handlung in der Regie von Max K. Hoffmann wurde in facettenreichen Bildern differenziert und spannend erzählt. Eine große Leistung von Solisten, Chor und Orchester des Magdeburger Theaters.

 
 
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