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10.10.2000
20:30 - 22:00 Uhr

"Kosovo mon amour"
Ein Schauspiel frei nach »Kosovo Karussell« von Jovan Nicolic und Ruzdija Seidovic mit einer Musik von Mustafa Zekirov
Uraufführung
Eine Produktion des Roma Theater Pralipe Mülheim/Ruhr und der Ruhrfestspiele Recklinghausen in Kooperation mit dem Kulturprogramm Deutscher Pavillon
Regie: Rahim Burhan
Dramaturgie: Milenko Goranovic
Bühne: Gralf-Edzard Habben
Kostüme: Dejan Radulovič

mit Eduard Bajram, Saban Bajram, Mirian Cuni, Jürgen-Michael Krone, Silvia Pinku, Ahmet Tahir, Suncica Todič
sowie Ali Cun, Sebastijan Cuni und Dragan Stankovic

Vor die eigentliche Tragödie setzte der Regisseur Rahim Burhan einen Prolog: Die Bühne zeigte einen Albaner und einen Roma. Sie schlossen Blutsbrüderschaft, indem beide ihre selbst gezogenen Wunden gegeneinander preßten. In ihrem Pathos haftete der Szene etwas übertrieben Symbolisches an, darin offenbarte sich der Bruderkuss als Judaskuss.
„Kosovo mon amour“ beleuchtete von der westlichen Medienwelt ausgelassene Stellen in der Schreckenschronik des Kosovo. Der Graben, der Serben und Albaner trennte und der nach dem gerechten Krieg von 1999 noch tiefer wurde, hat die Roma verschluckt, ohne dass dies zur Kenntnis genommen worden wäre.
Die Kritik an westlichen Politikern und Medien, die hier zum Ausdruck kam, wurde in eine unaufdringliche Rahmenhandlung gefaßt. Ein Reporter findet in einer Kneipenruine im Kosovo die junge Suada, einzige Überlebende einer ermordeten Roma-Familie. Sie hat ihre Erlebnisse und die Geschehnisse in ihrer Umgebung unreflektiert und schlaglichtartig einem Tagebuch anvertraut – vor dem Krieg, während des Krieges und nach dem Krieg. Den Reporter interessiert allerdings nur der völkische Konflikt, der für einen Fernsehbeitrag eindeutig und politisch korrekt geschildert werden soll.
Während der Journalist an der passenden Fertigstellung arbeitete, zeichnete das Ensemble die Gedankenrückschau des Mädchens. Suadas Geburtstag, der Besuch von Vaters Bruder, der seine Stelle als Lehrer verloren hat, erste serbische Besitzansprüche und albanische Machtdemonstrationen, Zwangsrekrutierung der Brüder durch Miliz und UCK und schließlich der Mord am Vater durch den Blutsbruder.Das Roma Theater Pralipe baute für das konsequent aus der Opfer-Sicht geschriebene Stück eindrucksvolle, expressive Bilder. Diese entsprachen in ihrer gestischen und emotionalen Ausformulierung den traumatischen Erlebnissen Suadas. Konfrontiert mit einer anderen Sicht des Krieges öffnet sich dem Reporter der Kriegsschauplatz zwischen subjektivem Erleben und faktischer Analyse. Unter die journalistischen Anmerkungen zu US-Bombardierungen, KFOR und rechtsethischem Diskurs mischte der Regisseur den unmittelbaren Ausdruck eines ausgeblendeten Volkes. Musik und Sprache der Sinti und Roma spielten eine wichtige Rolle in der Inszenierung. Gesprochen wurde in weiten Teilen der Aufführung in Romanes.

 
 
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