THEATERPORTRÄT
In fast jeder Stadt Deutschlands steht mindestens ein Theater. Ob
es das einst großherzogliche Dreispartentheater ist, das eine Stadt
wie Meiningen mit 26.000 Einwohnern nahezu dominiert, oder die beinahe
50 Bühnen in München sind, die um die Neugier von mehr als 1,3
Millionen Menschen konkurrieren, fast immer trifft man in Deutschland im
Zentrum der Städte auf ein Theaterhaus. Die kulturelle Szene der Großstädte
ist bekannt, sie wird von den Feuilletons wachsam begleitet und kommentiert.
Weit geringere Aufmerksamkeit schenkt man der Kreativität derer, die
am Rand dieses Spektrums arbeiten.
Im Rahmen der Reihe TheaterPorträt wurden im Deutschen Pavillon
die Arbeit der Theater außerhalb der Metropolen und das sich durch
Risikofreudigkeit und Experiment in besonderer Weise auszeichnende Theater
der großen Städte vorgestellt: das Niedersächsische Staatstheater
Hannover, die Staatstheater Cottbus, Darmstadt, Saarbrücken, das Wintergarten
Varieté Berlin, die Theater aus Bremen, Magdeburg, Meiningen, Rostock
und Trier, das Nationaltheater Mannheim, das Deutsche Nationaltheater Weimar,
das Staatsschauspiel Dresden, das Festival perspectives Saarbrücken
sowie die Bayerische Theaterakademie August Everding im Prinzregententheater
München.
Ausgewählte Produktionen sowie acht eigens für das
Kulturprogramm des Deutschen Pavillons entwickelte Projekte wurden hier
zum ersten Mal gezeigt.
Die Reihe TheaterPorträt verzichtete bewusst auf ein abermaliges
Theatertreffen der bereits besichtigten, bewährten und gelobten Arbeiten.
Gesucht war das risikofreudige und beherzte Experiment - im Schauspiel,
in der Musik oder im Tanztheater der Gegenwart.
Autoren wie Steffen Kopetzky, Volker Braun, Werner Fritsch oder
Christian Martin schrieben Stücke, die im August Everding Saal zur
Uraufführung gebracht wurden. Günther Beelitz, Max K. Hoffmann, Thomas Krupa,
Heinz Lukas Kindermann oder Christoph Schroth inszenierten. Opern von Ingomar
Grünauer und Hans Schanderl waren dabei, ebenso wie Tanzstücke
von Urs Dietrich und Bernd Roger Bienert zu Kompositionen von Olga Neuwirth
und Texten von Elfriede Jelinek.
Ästhetische Grenzüberschreitungen und politische Standpunkte,
kreativer Umgang mit traditionellen Stoffen und sogar der zukunftsweisende
Gesamtweltentwurf formten das Spektrum der Produktionen der Reihe TheaterPorträt.
Aus der Summe der Porträts zeigte sich die eigentliche Bandbreite
der deutschen Theaterlandschaft – nicht die Spitze des Eisbergs, sondern
die Basis der Szene.
Die Theater waren im Deutschen Pavillon auch durch ein Paket
begleitender Aktionen vertreten: Komponisten, Autoren, Dramaturgen und
Regisseure führten in die Werke und die Konzeption der Inszenierungen
ein, berichteten über den Proben- und Umsetzungsprozess, Mitglieder
der Ensembles präsentierten sich mit Beiträgen besonderer Art
und außerhalb ihrer gewohnten Arbeit. Sie wurden im Interview vorgestellt
und berichteten über die Arbeit des Theaters und am Theater. Die Reihe
schärfte den Blick auf ein oft zitiertes deutsches Kulturgut und fächerte
die wertvolle, oft übersehene individuelle Vielfalt innerhalb der
Vielfalt deutscher Bühnen auf. Das Bild einer vitalen, höchst
ambitionierten Theaterszene Deutschlands entstand.
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